Ein Ausblick auf das Land der unbegrenzten Möglichkeiten
International betrachtet liegen die Vereinigten Staaten von Amerika gemessen an ihrer Wirtschaftskraft mit grossem Abstand auf dem ersten Platz. Mit einem BIP von 20.412,87 Mrd. US$ sind sie damit die mit Abstand grösste Wirtschaftsmacht der Welt, weit vor dem ehemalig streng kommunistischen China mit einem BIP von «nur» 14.095,51 Mrd. US$. Das Wirtschaftswachstum der USA liegt auch in diesem Jahr weit vor jenem Europas, kommt jedoch nicht an das Chinas heran, trotz einer Schwäche im ersten Halbjahr.
Nach wie vor dominieren US-Unternehmen das «Global Top 100»-Ranking: Bereits im fünften Jahr in Folge stammt mehr als die Hälfte (54) der weltweit wertvollsten Unternehmen aus den USA. Ihr Anteil an der Marktkapitalisierung liegt bei 63 Prozent, 2018 waren es 61 Prozent. Ein Beispiel: Am 22. Juli erreichte die Marktkapitalisierung von Amazon und Microsoft erstmals die des gesamten Deutschen Aktienindex!
Wir wissen, dass sich politisch, seit der Präsidentschaft Trump, einiges geändert hat. Trump ist trotz seines irritierenden Stils, seiner Twitter-Regierung, seiner Sprunghaftigkeit, seinem Macho-Getue und seinen zeitweisen Rassismus-Attacken bei vielen Amerikanern immer noch sehr populär und entspricht damit einer Grundströmung in der Gesellschaft, die man nicht unterschätzen darf. Er hat den Nerv vieler getroffen, indem er wunde Punkte angesprochen hat, z.B. den Handel mit China und Europa, die mehr Waren in die USA importieren als die USA exportieren. Damit verteidigt er zu Recht die Interessen der USA. Trumps Worten folgen auch Taten – im Gegensatz zu den meisten Politikern, damit beweist er durchaus Glaubwürdigkeit. Der «America First»-Slogan ist also nicht nur Makulatur. Obwohl der Handelskrieg mit China den Konsumenten aufgebürdet wird, geniesst Trump in grossen Teilen der Bevölkerung – sowohl bei den Republikanern als auch bei den Demokraten – grosse Zustimmung.
«Weltpolizist» und Wahlkampf
Trump ist auch davon abgekommen, dass es im amerikanischen Interesse liegt, eine freiheitliche Weltordnung zu fördern. Seit dem zweiten Weltkrieg gab es diese nicht mehr und die Rolle des «Weltpolizisten» will Trump schon gar nicht mehr spielen. Sein Ziel ist, die Wirtschaftsmacht USA auszuweiten. Die Tendenz, die selbst übernommene Rolle als globale Ordnungsmacht aufzugeben, hatte sich schon unter Obama abgezeichnet und auch die demokratischen Kandidaten wären diesen Weg weitergegangen.
Wir steuern also langsam dem Wahlkampf 2020 zu. Die Demokraten versuchen verzweifelt, den «Retter» Amerikas, respektive den Kandidaten zu finden, der Trump im November 2020 besiegen könnte. 20 Kandidaten sind es bereits, und keiner von ihnen scheint es mit Trump aufnehmen zu können. In der demokratischen Partei haben die Linksliberalen Bernie Sanders und Elisabeth Warren bis jetzt ein Drittel der Stimmen. Der gemässigte Flügel der Demokraten versteckt sich in der Zwischenzeit. Die Fernsehdebatten bei den Demokraten haben begonnen, und es fällt auf, dass aussenpolitische Themen kaum angesprochen werden, sondern man eher nach innen schaut. Aus meiner Sicht ist einzig das positive Wahlkampthema der Demokraten zu erwähnen: die Rückkehr zum Pariser Klimaabkommen und zur Atomvereinbarung mit dem Iran. Das ist für Trump kein Thema: Er will von Klimawandel nichts hören und den Iran eher abstrafen oder sogar militärisch massregeln (obwohl das wiederum nicht zur Abkehr vom «Weltpolizisten» passt!). Mit dem alten Sanders und mit Warren werden die Demokraten gegen Trump im Wahlkampf kaum eine Chance haben. Dann ist da noch das alte «Schlachtross» Joe Biden (oder «sleepy Joe» wie ihn Trump liebevoll nennt). Der ehemalige Vizepräsident von 2009 bis 2017 mit viel aussenpolitischer Erfahrung kann auch mit einem Drittel Unterstützung rechnen. Aber da gibt es einige «Schönheitsfehler», wie vom ehemaligen Verteidigungsminister Robert Gates in seinen Memoiren treffend geäussert wurde. Biden lag in den 40 Jahren seiner Politkarriere in aussenpolitischen Fragen oft falsch. Zwei Beispiele: 2007 war er gegen die Aufstockung der amerikanischen Truppen im Irak, die letztendlich zu einer Stabilisierung in der Region geführt hat. Er plädierte seinerzeit für eine Aufteilung des Landes. 2011 war er massgeblich für den Abzug der US-Truppen aus dem Irak verantwortlich, was zum Aufstieg der Terrormiliz IS geführt hat. Darum gilt auch Biden nicht als der Staatsmann, der Amerika nach Trump in eine bessere Zukunft führen könnte.
Trump neuer alter Präsident?
Wie geht es also weiter? Es ist ziemlich unwahrscheinlich, dass ein junger, kompetenter, zukunftsgerichteter, moderater Kandidat(-in) aus der demokratischen Ecke gegen Trump antreten wird. Die Demokraten haben noch gut ein Jahr Zeit die Amerikaner zu überzeugen, die Geschicke der wichtigsten Weltmacht in ihre Hände zu legen. Bisher war davon wenig zu spüren. Wenn es den Demokraten bis dahin nicht gelingt die Wählerinnen und Wähler für sich zu gewinnen, spricht derzeit vieles für einen erneuten Wahlsieg Trumps. Das wird voraussichtlich eine weitere verstärkte Isolation Amerikas bedeuten und garantiert eine Präsidentschaft mit weiteren Überraschungen – für Amerika selbst, aber auch für die restliche Welt. Die USA gelten auch heute noch als das Land der unbegrenzten Möglichkeiten – in jeder Beziehung. Ich wage sogar zu spekulieren, dass die Welt im Jahr 2024 sich vielleicht auf die erste Frau als Präsidentin der USA vorbereiten muss: Ivanka Trump!
Eric G. Sarasin
ZUR PERSON
Eric G. Sarasin ist Inhaber seiner Familienfirma «White Sail Consulting AG», von welcher er aus verschiedene Verwaltungsratsmandate inne hat, in Unternehmen investiert und Jungfirmen berät. Er ist in diversen wohltätigen Organisationen aktiv, wie bei der Krebsliga beider Basel, der Stiftung «Race for Water» und in mehreren Stiftungsräten.
Eric G. Sarasin ist verheiratet mit einer Amerikanerin und Vater von vier Kindern. Zu seinen Hobbies gehören sportliche Aktivitäten wie Joggen, Yoga, Golf, Fussball und Langlauf. Zudem interessiert er sich für die Filmwelt und Politik.