Viel Polemik um neue Spielplatzkonzepte

    Sicherheit am Spielplatz: Eine «Grauzone» und viel Raum für Polemik

    In den letzten Jahren gab es in der Region immer wieder Diskussionen, wie sanierte und neu konzipierte Spielplätze auszusehen haben und welche Sicherheitsstandards gelten, damit vor allem die Kleinkinder nicht verunfallen. Am Beispiel der Polemik rund um das «Steinbühlmätteli» im Basler Neubadquartier zeigt sich, wie die Meinungen auseinander gehen.

    (Bild: PEXELS) Ein Dauerthema bei schutzbeautragten Eltern und Kinderbetreuer/innen: Wie sicher sind die Kinder auf den Spielplätzen und welche Konzepte befriedigen die Bedürfnisse der meisten (Kinder-) Zielgruppen.

    Es herrscht nicht etwa Freude, wie frei nach dem Quote von Alt-Bundesrat Ogi, sondern eher dicke Luft, sobald es um die neuen Spielplatzkonzepte in der Region geht. Viele stören sich daran, dass die neuen, seit einigen Jahren gern verwendeten Betonlandschaften zwar cool sind zum spielen, aber auch ihre Tücken bezüglich Unfallgefahr und einige gefährliche Stellen haben. Stürze könnten schlimme Konsequenzen haben, wenn die schutzbeauftragen Personen einen Moment nicht aufpassen würden. Kleinkinder sind besonders gefährdet, weil diese schnell mal von älteren und robusteren Kindern geschubst oder aus dem Gleichgewicht gebracht werden. Da nutze der mit Weichmaterial besetzte Boden nur bedingt, wenn man am Beton aufschlägt.

    Der erfahrene Kinderbetreuer Laris Marbot aus Basel vertritt folgende Meinung: «Ich gehöre zu jenen mit der Ansicht, dass Beton eigentlich nichts auf einem Kinderspielplatz zu suchen hat. Ein kleiner Fehler und die Kinder prallen auf den harten Untergrund. Mir ist aber auch klar, dass man die Sicherheit der Kinder nicht zu hundert Prozent gewährleisten kann. Die Kinder sollen auch spielend lernen, Gefahren abzuschätzen wie auch die eigenen Grenzen sind.»

    Der «Fall» Steinbühlmätteli
    Ein Beispiel, wo die Polemik hoch kochte, war der «Fall Steinbühlmätteli» im Neubad-Quartier. Monatelang wurde gestritten, ob man den einst so beliebten Spielplatz mit der grossen Wiese nun für 2,3 Millionen Franken kaputt saniert hätte mit einer Beton-Spiellandschaft. Die Pläne für die Neugestaltung wurden schon vor mehr als vier Jahren vorgestellt. Bereits damals regte sich schon Widerstand und zwei Anwohner starteten eine Petition. Trotz Widerwillen seitens Anwohnerschaft wurde die Rasenfläche etwas verkleinert und der Park in neue Spielzonen unterteilt. Es entstanden verschiedene «Spielzonen» mit einem «Kletter- und Hügelwald», einem «Schaukelwald» und einem «Balancierbereich». Auch ein Schlittelhügel sei geplant. Das Bauprojekt ist noch im Gange und einige Landschaften wurden bereits fertig gestellt. Das Konzept aber bleibt umstritten. Transparente, angebracht durch die Anwohner/innen zeigen den Unmut. Bei der Stadtgärtnerei sieht man den Sachverhalt anders und beruft sich auf die öffentliche und transparente Kommunikation des Bauvorhabens. Die Gegner jedoch sagen, man habe einfach entschieden und das Konzept so durchgeführt.

    Armin Kopf ist Leiter der Grünplanung bei der Stadtgärtnerei. Er äussert sich nicht zum Konzept, aber sehr wohl zu den Sicherheitsregeln: «Generell gilt es beim Bau eines Kinderspielplatzes, alle Normen zur Sicherheit im Baugewerbe zu beachten, welche in den SIA-Normen und Schweizer Normen geregelt sind. Das gilt auch für Spielplatzgeräte und Spielplatzböden. Des Weiteren muss der Spielbereich mit Spielgeräten und Fallschutzbelägen vom TÜV abgenommen werden, bevor er die Freigabe für die künftige Nutzung erhält.»

    (Bild: zVg) Betonhügel und -spiellandschaften sind cool zum Klettern und um Spielsituationen zu simulieren. Aber sie bergen dennoch Gefahrenpotenzial.

    Das Ende der grossen grünen Spielplatzwiesen?
    Nun aber ist das Thema «Fallhöhe» ein Aspekt bei den Beton-Spielplatzlandschaften. Armin Kopf: «Der sogenannte Fallschutzbelag richtet sich nach der Fallhöhe. Je höher die potenzielle Absturzhöhe ist, desto mehr Puffer muss dieser bieten. Die Vorgaben hierzu sind in der Normenreihe Spielplatzgeräte und Spielplatzböden geregelt. Grundsätzlich gibt es viele Materialien, die sich für den Fallschutzbelag eignen. Rundkies, Öcocolor, ein Fallschutzbelag aus Holz, gegossener Fallschutz aus Gummigranulat und so weiter. Die Wahl des Materials orientiert sich im Regelfall an der Gestaltung der Gesamtanlage und der Örtlichkeit.» Generell gibt Armin Kopf zu bedenken, dass Unfälle oder Verletzungen beim Spielen per se nicht ausgeschlossen werden können, aber dass Kinder in der Regel ein sehr gutes Sicherheitsempfinden beim Spielen hätten. Beim neuen Spielplatz auf dem Steinbühlmätteli, einem Projekt der Stadtgärtnerei, wurde dieser durch einen speziellen Spielplatzplaner zusammen mit den Landschaftsarchitekten konzipiert und entspricht vollumfänglich den geltenden Sicherheitsnormen, sagt Armin Kopf. Sowohl was die Spielgeräte und die Steinblöcke, als auch den Fallschutz betrifft. Von daher sehe er zum Beispiel in diesem Falle keinen Bedarf, zusätzliche Massnahmen zu ergreifen. Kinderbetreuer Laris Marbot: «Beim Aspekt der Fallhöhe und des Risikos ist es aus meiner Sicht folgendes wichtig: Es sollte so gebaut, dass sich die Kinder auch etwas zutrauen können ohne die Angst im Nacken zu spüren. Manche mögen aber auch sagen, dass es auch mal nicht so schlimm sei, wenn die Kinder von einem hohen Gerüst oder einem Betonhügel runterfallen. Wenn die Konsequenzen sich aber als schlimm erweisen, ist diese Argumentation hinfällig. Und bei Nässe kann es schnell gefährlich werden auf so einer Beton-Spiellandschaft. Natürlich hat auch das einen Lerneffekt, aber es ist trotzdem wichtig, dass die Kinder ein gesundes Selbstvertrauen aufbauen. Dies können sie, wenn sie sich überwinden, in ihrem Rahmen umsetzbare Dinge auszuprobieren. Wenn sie danach etwas meistern stärkt das ihr Selbstvertrauen enorm.»

    Trotz Bedürfnisanpassung an die Anspruchsgruppen: Keine Kompromisse bei der Sicherheit
    Fazit: Das Beispiel im Neubad bestätigt eine Tendenz: Grössere Grünanlagen auf Spielplätzen sind in den modernen Spielplatzkonzeptionen nicht mehr prioritär. Armin Kopf: «Rasenflächen sehen wir ebenfalls als sehr wichtig an, da sie multifunktional sind und verschiedene Spiele und Nutzungen ermöglichen. Dennoch braucht es auch robuste Spielinseln, die dem immer grösser werdenden Nutzungsdruck standhalten.» Der Trend geht – und das zeigen auch andere Beispiele und Beobachtungen – deutlich Richtung Entwicklung von «Spielzonen» für verschiedene Alters- und Anspruchsgruppen. Das ist einerseits schade und für viele ein Weg in die falsche Richtung, aber in einer immer diverser werdenden Welt mit vielen Mikrokosmen mit sehr unterschiedlichen Bedürfnissen (auch bei Kindern), muss man sich mit diesen Überlegungen und Konzepten anfreunden. Wo jedoch kein Kompromiss gestattet sein sollte, ist im Bereich der Sicherheit und der Prävention. Man könne, so sagen kritische Stimmen, nicht alles auf die Aufsichtspflicht schieben, wenn diese nicht in jeder Situation vollziehbar sei. Da tragen die Planer/innen eine grosse Verantwortung.

    DaC, LaM, JoW

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