Um eine Attraktion ärmer

    Adieu Formel Eins am Hockenheimring – Trauer bei der Fangemeinde in der Region

    Jetzt ist es also soweit: Seit dem letzten Juli-Wochenende 2019 herrscht Trauer bei der Formel Eins-Fangemeinde in der Region. Einst war Hockenheim die Pilgerstätte für die vielen Formel Eins-Interessierten aus dem Grossraum Basel und aus der ganzen Schweiz. Nun muss man weiter reisen, um den besonderen Motorensound und die F1-Rennatmosphäre hautnah zu erleben.

    (Bild: zVg / Presse Hockenheimring) Die Formel Eins-Fans der Region werden den Nahtrip nach Hockenheim vermissen. Und nicht nur sie.

    Es war einst für viele Jahrzehnte die grosse Pilgerstätte der hiesigen Formel Eins-Fans. In weniger als drei Stunden war man von Basel aus über die A35 Autobahn im «Mekka der Rennsportfans» des Dreiländerecks. Mit dem Hockenheimring verbinden viele Rennsport-Fans ab 40Plus noch lebhafte Erinnerungen an die Blütezeit des Formel Eins-Sports in Europa. Über 70’000 Menschen im Motodrom und nochmals viele Tausend ausserhalb schnupperten die besondere F1-Luft. Doch dieses Business verlagert sich seit einem Jahrzehnt immer mehr in andere Regionen der Welt. Asien, der ferne Osten im Besonderen und der arabische Raum sind die neuen Destinationen. Wie in vielen anderen Sportarten auch, bestimmen nun andere Parameter als etwa die Fangemeinde oder die Verbundenheit einer Region mit dem Sport, wo und wann ein Event dieser Grössenordnung stattfindet. Nur noch wenige der «traditionellen Rennstrecken» können im neuen Wettbewerb um die Ausrichtung der Formel Eins-Events mithalten. In Europa sind dies Monza, Monaco, Budapest oder auch Barcelona, in Nordamerika ist es Montreal. Bis jetzt war Hockenheim «gesetzt» als eine der «mythischen Strecken», doch nun lief der zehnjährige Vertrag aus. Dieser wurde noch mit dem legendären F1-Patron Bernie Ecclestone geschlossen. Ein Mann der alten Schule, der das Formel Eins-Imperium noch zu jener Zeit aufbaute, als in Europa das Macht-Epizentrum der Formel Eins lag.

    FIA visiert andere Ziel­gruppen und -Märkte an
    Man kann die Situation fast mit dem Fussball vergleichen: Die Nähe zu den «echten Fans» geht langsam verloren. Die VIP- und «Modefans» werden nun angesprochen. Sei es mittels Preispolitik oder auch ganz einfach mit der Wahl der Standorte und der Art und Weise, wie die neuen Strecken gebaut sind. Glücklicherweise gibt es noch die traditionellen Rennstrecken nahe beim Publikum wie jene in Hockenheim oder die Stadtkurse wie in Monte Carlo/Monaco oder in gewissem Sinne auch jener in Montreal. Man versucht beispielsweise in Singapur mit einem Stadtkurs die Fans zu begeistern, aber es wird eine andere F1-Fankultur in Fernost gelebt als im «alten Europa».

    Im legendären Hockenheim-Motodrom ist das Publikum ganz nah am Kurs. Doch die Antrittsgage in zweistelliger Millionenhöhe ist nun auch für die Veranstalter in Südbaden kaum mehr zu stemmen. Darüber hinaus zählen jetzt ja andere Parameter in der Vermarktung eines Formel Eins-Weekends als zum Beispiel «nur» das Interesse des Publikums. Die Formel Eins – genau genommen der Dachverband FIA – visiert reichweitenintensive Zukunftsmärkte an, in welchem jede/r Einzelne potenzielle Besucher/in im Motodrom auch bereit ist, mehr auszugeben.

    Schade für die vielen F1-Fans in der Region
    Nun fehlt der Auto-verrückten und Formel Eins-interessierten Nation Deutschland erstmals seit Jahrzehnten ein F1-Event. Auch, weil der Support von Politik und Industrie nicht genügend gegeben ist. Dazu kommt, dass der insolvente Nürburgring schon 2015 und 2017 trotz Vertrag kein Rennen mehr durchführte. Dass Traditionsrennen wie Hockenheim verschwinden, erzeugt im Fahrerlager Wehmut. F1 Superstar Sebastian Vettel sagte beispielsweise: «Wenn man ins Motodrom kommt, dann kribbelt es.» Dieses «Kribbeln» fehlt vielen beispielsweise in Bahrain oder anderen Strecken in Fernost oder in den Golfstaaten. Aber dort stimmt die Kasse. Und die scheint für die Entscheidungsträger der Formel 1 das wegweisende Kriterium zu sein. Dies wird auch seit vielen Jahren von den führenden Basler Sportreise-Anbietern moniert. Mit den traditionellen Formel Eins-Destinationen (im Speziellen Hockenheim, Monza und Monaco) liessen sich die Leute während Jahrzehnten für einen Ein- bis Dreitage-Trip, der auch preislich im grünen Bereich lag, gerne begeistern.

    JoW

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