«Perspektivlosigkeit ist keine Option»

    Beatrice Lippuner und das Team der SIBU helfen sehbehinderten Menschen bei der Integration in die Arbeitswelt

    Beatrice Lippuner ist zu beneiden. Ihr Beruf ist ebenso Berufung und die 56jährige Baslerin darf das tun, was viele sich wünschen: Sie übt einen Beruf aus, der direkt Menschen hilft. Dank Beatrice Lippuner und den anderen vom Team der Schweizerische Fachstelle für Sehbehinderte im beruflichen Umfeld (SIBU) erhalten viele Sehbehinderte wieder eine berufliche Perspektive.

    (Bild: zVg) Beatrice Lippuner bei der Arbeit: Der Klient sitzt am PC und hat wegen der Blendung eine inverse Farbgebung und vergrösserte Schrift (= Zoomtext).

    Auf einmal – ohne Vorwarnung – kann es passieren: Ein Unfall raubt einen Teil des Augenlichts und man ist sehbehindert. Nebst den ganzen Problemen, die nun einher gehen mit der Bewältigung der Situation, bedeutet dies für Betroffene auch folgendes: Ein langer Weg steht bevor bei der beruflichen Neuorientierung beziehungsweise Wiedereingliederung in die Arbeitswelt. Meist ist eine komplette berufliche Neuorientierung nötig oder es geht um eine Arbeitsplatzerhaltung. In solchen Fällen hilft die Schweizerische Fachstelle für Sehbehinderte im beruflichen Umfeld (SIBU). Hier arbeiten Fachpersonen aus verschiedensten Bereichen. Dazu zählen zum Beispiel «Low vision Fachfrauen», Ausbildner, Mobilitätstrainer, Sozialarbeiter und so weiter. Mit dabei im Team: Beatrice Lippuner, sie ist Ausbildnerin für Informatik. «Es gibt so viele Herausforderungen für Sehbehinderte in einem Arbeitsumfeld zu bestehen, in welcher vor allem mit Computern gearbeitet wird. Aber mit Motivation, Methodik und den richtigen Hilfsmitteln wird vieles wieder möglich. Der Erfolg gibt uns recht.» Beatrice Lippuner schafft es zum Beispiel, dass alle neuen sehbehinderten Klienten innerhalb von nur vier Tagen das Tastaturschreiben blind beherrschen. Dies ist die Grundlage, damit ein Computer mit Hilfe von Tastenkombination, also ohne Maus – und zum Teil nur mit Hilfe des Gehörs – effizient bedient werden kann.

    Noch mehr Erfolg als Praxisausbilderin
    Die Klientel ist vielseitig, denn eine Sehbehinderung kann jede und jeden treffen. Beatrice Lippuner: «Vom Bauer bis zur Uni-Professorin, vom Handwerker bis zu Ingenieuren. Für alle ist die Herausforderung einer Wiedereingliederung ins Arbeitsleben gross. Wir im Team, arbeiten Hand in Hand. Die Integration in die Arbeitswelt ist wichtig und braucht viel Training und Unterstützung. Damit dieses Coaching weiter professionalisiert werden konnte, hat sich Beatrice Lippuner in der Lernwerkstatt Olten als Praxisausbildnerin weitergebildet. «Bei diesem Lehrgang habe ich neue Impulse bekommen. Praxisnahe und sehr konkrete. Diese kann ich nun Eins-zu-Eins in meinem Arbeitsalltag erfolgreich anwenden». Nebst den inhaltlichen Mehrwerten profitierte die polyvalente ehemalige Globetrotterin und begeisterte Stadtführerin (unter anderem auch bei Basel Tourismus) vom regen Erfahrungsaustausch, den vielen Gesprächen und heute noch vom Netzwerk der anderen Teilnehmenden.

    «Es kann jede und jeden treffen – das bedeutet aber nicht Perspektivlosigkeit»
    «Ich bin sehr glücklich, in diesem Beruf meine Berufung gefunden zu haben. Nach vielen Jahren, in verschiedenen Berufen, war es vor einigen Jahren wieder eine neue Herausforderung und es macht Spass auf diese Weise nachhaltig zu helfen», so Lippuner weiter und erzählt eine besondere Begebenheit: «Eine der berührendsten Situationen, die ich erlebt habe, geschah bei der Arbeit mit einem 52jährigen Banker in Kaderposition. Er erlitt einen Augeninfarkt, verlor seinen Job, seinen Status, musste zum RAV und zur IV. Er hatte eine Familie mit drei pubertierenden Kindern und bekam finanzielle Probleme. Er absolvierte eine Schulung an der SIBU, wurde mit Hilfsmitteln ausgerüstet und auf den Wiedereinstieg ins Berufsleben vorbereitet. Eines Tages treffe ich den sehbehinderten Banker weinend auf dem Gang. Auf meine Frage hin, ob es ihm nicht gut gehe, antworte er: ‹Frau Lippuner, ich habe einen Job!› Dieser Bär von Mann weinte Freudentränen! Ich war selber sehr gerührt und gleichzeitig froh, dass sich unser aller Einsatz einmal mehr gelohnt hat und dieser Mann wieder eine Perspektive gefunden hat. Heute ist er wieder ein erfolgreicher Banker, ausgerüstet mit Hilfsmitteln wie Zoomtext und Bildschirmlesegerät. Nach vier Jahren Arbeitslosigkeit ist er wieder mitten drin im Business.»

    JoW


    Hauptziel: Perspektiven geben

    Wenn man selbst mit einer Sehbehinderung oder mit Blindheit konfrontiert oder jemand im nächsten Umfeld davon betroffen ist, kann die Sehbehindertenhilfe Basel konsultiert werden. Diese steht allen Ratsuchenden aus der Grossregion Basel kostenlos beratend und mit konkreten Rehabilitationsmassnahmen unterstützend zur Seite.

    Wenn Unterstützung am Arbeitsplatz benötigt oder ein beruflicher Einstieg geplant wird, kommt die Schweizerischen Fachstelle für Sehbehinderte im beruflichen Umfeld (SIBU) zum Zug. Ziel aller Angebote ist es, die Selbstständigkeit und Lebensqualität sehbehinderter und blinder Menschen zu unterstützen und zu fördern.

    Beide Stellen unterstützen blinde und sehbehinderte Menschen mit einem umfassenden Angebot an Beratung, Schulung und Hilfsmitteln, damit die Einschränkungen im Alltag überwunden werden und das Leben der Betroffenen weiterhin selbstständig gestaltet werden kann sowie auch alle gesellschaftlich sowie beruflich integriert bleiben.

    Um einen sehbehinderten Menschen optimal unterstützen zu können, bedarf es eines abgestimmten Massnahmenpakets. Dabei geht es immer um die Integration in den ersten Arbeitsmarkt oder den Erhalt von Arbeitsplätzen. Die Fachstelle prüft eine geeignete Lösung, findet Möglichkeiten und erarbeitet eine individuelle, berufliche Integrationsplanung. Die Schweizerische Fachstelle für Sehbehinderte im beruflichen Umfeld – SIBU, gehört der Sehbehindertenhilfe Basel mit ihrer Westschweizer Zweigstelle SRIHV an.

    Quelle: sibu.ch

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