Eine Frau der «klaren Ansagen»

    HRM Expertin Diana Roth über das,
    was in der Arbeitswelt auf die Berufstätigen wartet

    Diana Roth ist nicht nur eine Kapazität im Bereich HRM und Personalführung und eine gefragte Dozentin. Sie ist auch ein echtes Original. Wir haben eine «Frau der klaren Worte» zu den Trends und Herausforderungen der Zukunft in einem Teilbereich befragt, der vielen aktuell noch mehr Angst macht, als schon vor der Covid-Pandemie.

    (Bild: zVg) Sie sagt geradeaus, was ist, analysiert die Trends und ist erfahren in Coaching und mit innovativen Mitteln: Diana Roth in ihrem Element.

    Will man mit Diana Roth in den Bereichen Kommunikation und Wissenstransfer mithalten, ist ein langer Atem angebracht. Die Fachfrau in HRM Coaching und Dozentin ist auf vielen Kommunikationskanälen äusserst aktiv und lässt viele Einblicke in ihr Tagesgeschäft zu. Unter dem Pseudonym HerzBlutPersonalerin diskutiert und networked Diana Roth sowohl fachlich-argumentativ als auch auf unterhaltsame Weise. «HerzBlutPersonalerin» ist nicht nur ein marketingwirksamer Brand, sondern eine authentische Wiedergabe ihrer Arbeitsweise. «Die Klientinnen und Klienten würden es sofort merken, wenn ich nicht wirklich zu hundert Prozent mit Herzblut arbeiten würde», sagt sie.

    Diana Roth arbeitet und unterrichtet sehr oft in Basel und der Region (unter anderem auch in der TEKO Basel) und ist Beraterin und Coach für viele CEO kleinerer und grösserer Unternehmen. Dementsprechend intensiv befasst sie sich mit dem Thema Human Ressources der Gegenwart und der Zukunft. Das Wichtigste sei heute, dass man sich von der Idee der Ressourcenausnutzung und -optimierung verabschiede und viel mehr das Augenmerk auf die Potenzialentfaltung richte: «Potenzial zu erkennen und dieses zu fördern, ist heute der Weg zum erfolgreichen Zusammenarbeiten. Ausserdem ist die Suche nach der sinnstiftenden Arbeit immer wichtiger. Es geht heute um das Know-why und nicht nur um das Know-how. Besonders bei den XY-Generationen.»

    Diana Roth, diese besonderen Zeiten sind für Personalverantwortliche herausfordernd. Welche Rückmeldungen erhalten Sie dazu?
    Herausfordernd? Bitteschön – die Arbeitswelt ist ja kein Ponyhof oder eine Wohlfühloase. Es war schon öfters herausfordernd – nur jetzt ist ganz anders anstrengend. Aber Personalführung ist selten ein Spaziergang. Die Rückmeldungen, die ich erhalte sprechen oft von einer grossen Chance und dabei ist bewusst, dass dieses Wort gerade in Bezug auf Covid19 verhasst ist. Chance deswegen, weil nun Personalverantwortliche endlich zeigen können, wie einen Paradigmenwechsel möglich wird.

    Paradigmenwechsel? Wie ist das gemeint?
    Noch im Januar 2020 sagte ein Firmenchef zu mir: «Homeoffice – das wird’s bei uns NIE geben!» Ja und dann kam Covid und plötzlich war alles möglich.

    Können wir bereits von der Post-Corona-Zeit in der Arbeitswelt sprechen?
    Nein – können wir noch nicht. Es gibt Wirtschaftsweisen die behaupten, dass 2020 ein Vorspiel für das was jetzt noch kommt war. Und ich sehe es ähnlich. Nur, weil Impfstoff in kleinen Mengen auf dem Markt ist, wird die Thematik uns noch eine Zeit in Atem halten und vieles nachhaltig ändern.

    Welche Trends sind bereits jetzt ersichtlich?
    Erstens, die Personalgewinnung und die Personalerhaltung wird zukünftig noch wichtiger sein als je zu vor. Die klassischen Rekrutierungswege führen schon lange nicht mehr zu den Ergebnissen, die Firmen sich wünschen. Ein Beispiel: die digitale Fitness der Personaler muss deutlich erhöht werden. Zweitens: Sobald die Schockstarre von vielen Firmen abfällt wird der Fokus auf gesellschaftlichen Anforderungen fallen. Ich will damit sagen, dass jedes Unternehmen mehr den Zweck und Sinn ihres Wirtschaftens leben muss. Die Top-Talente stellen uns Personalern bereits jetzt vermehrt die Sinnfrage, bevor sie ein klares Ja zur Stelle abgeben. Und drittens: Die Automatisierung und digitale Tools wie Künstliche Intelligenz, Chatbots, Robot Process Automation, wird zudem für viele Branchen massive Veränderungen mit sich bringen. Klar – bereits vor Jahren sprachen wir darüber. Gedacht wurde es jedoch in schleichenden Prozessen. Heute wird deutlich: Schleichen liegt nicht mehr drin. Und das Schöne daran ist: effizienteres Arbeiten bringt mehr Freiraum für Innovationen. Und ich bin davon überzeugt: dass auch die Themen Diversity und Inklusion fest in die Personalstrategie eines jeden Unternehmens eingebunden werden müssen. Darin führt kein Weg vorbei. Es werden die Unternehmen überleben, die betriebliche Vielfaltspolitik mit Herzverstand betreiben und nicht nur darüber reden. Die Führungskräfte werden in den nächsten Jahren den grössten Sprung machen müssen. Sie dürfen Führen auf Distanz etablieren. Sie werden interaktiv und mit weniger Hierachie-Denkweise voranschreiten.

    Was macht Ihnen mit Hinblick auf die nahe Zukunft am meisten Bauchweh bezugnehmend auf die berufstätigen Leute?
    Mitarbeitende, die von der Corona-Krise betroffen sind, schaffen es noch nicht, dem Prozess gedanklich zu folgen. Das Tempo, welches im Moment vorherrscht, lässt so manchen erstarren. Im Moment möchten viele kapitulieren – das zeigt sich auch daran, dass vermehrt frühzeitige Pensonierungsanträge beim HR eingereicht werden. Je schneller entwickelt wird, desto bremsender agiert so mancher Mitarbeitende und sogar Führungskräfte. Personaler haben die grosse Aufgabe Mitarbeitende mit auf die Reise zu nehmen und zum Beispiel Arbeitsmodelle der Generation entsprechend aufzubereiten.

    Was kann neuen Schwung geben?
    Ich behaupte, dass menschliche Werte, Offenheit und Sinnhaftigkeit den Digitalisierungsschub ersten den richtigen Schwung geben können. D.h. auch Digitalisierung geht nur Hand in Hand mit der Ressource Mensch. Alles spricht von der Zukunft der Arbeitswelt – aber die wenigsten konkret von 2021… dem Jahr, das erst vor einigen Wochen begonnen hat. Firmen, die sich jetzt tot stellen und ernsthaft daran glauben, dass irgendwie alles wieder wie früher wird, werden verlieren.

    Ist das gute alte Büro eigentlich ein Auslaufmodell?
    Ja und Nein. In manchen Berufen wird Homeoffice fest etabliert und nicht mehr weg zu denken sein – aber wir denken dabei nicht an die Berufe, die kein Homeoffice haben können. Der Arzt, die Krankenschwester, der Pfleger, der Maurer, der Maler etc. Auch hier wird ein Umdenken passieren – aber anders. Bald schon wird jedem Arbeitsplatz «ein individuelles Paket» gepackt. Dieses wird an die Bedürfnisse des Unternehmens UND des Mitarbeiters angepasst. Das gute alte Büro, wie sie sagten, wird ein Ort der Begegnung, des Austauschs, des Miteinanders. Menschen brauchen Menschen!

    Auf ein klares Wort: Welche Arbeitsmodelle sind die Gewinner der Krise?
    Sicherlich das Homeoffice, wenn es Bedingungen gibt, die konzentriertes Arbeiten zulässt. Dann das mobile Arbeiten – beispielsweise auf Reisen, im Café oder sogar beim Spaziergang mit dem Hund. Und natürlich auch die Coworking-Spaces, wenn diese eine gute Infrastruktur und Austausch bietet.

    Wie ist Ihr persönliches Motto für die kommenden Monate?
    Gehen wir den Weg, aber re-agieren wir nicht sondern agieren wir. Schauen wir nicht nur nach vorne. Sondern erlauben wir uns auch einen Rückblick. Wie viel haben wir bereits geschafft, geändert? Es ist unglaublich wie viele Firmen, Mitarbeitende, Vorgesetzte und Personaler doch flexibel reagieren und damit das Anders möglich machen. Sich bei allem treu zu bleiben und trotzdem zu ändern – das wird die Devise sein, die uns unterstützt.

    JoW, Interview: DaC


    Diana Roth
    HRM-Coach/Trainerin, Buchautorin, Podcasterin
    www.dianarothcoaching.com
    Podcast: Abenteuer HRM

     


    Diana Roth «unplugged»

    Das neuste Buch von Diana Roth «Vertraue dem Misstrauen» ist im Businessvillageverlag erschienen. Vertrauen ist die Basis einer guten beruflichen Beziehung und wirkt wie Kitt. Vertrauen aufzubauen dauert lange. Es zu zerstören gelingt in Sekunden. Dieses Buch zeigt Ihnen Schritt für Schritt wie Sie etwaiges Misstrauen in ein passendes Vertrauensverhältnis transformieren. Anhand vieler Situationen aus dem Arbeitsleben lädt es zum Reflektieren ein und hilft, alltägliche Arbeitssituationen zu meistern. ISBN 978-3-86980-565.8

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