Jeder Sportclub braucht eine Identifikationsfigur innerhalb der Mannschaft – Beim EHC Basel ist dies Fabio Haller
Fabio Haller ist der Fanliebling beim EHC Basel – Er feierte am 4. Februar seinen 32. Geburtstag. Just an diesem Tag ging es für ihn an den Cupfinals 2024 nach Luzern, wohin er sein Team als «designierter Cup-Goalie» mit seinen Paraden hinführte.
So mancher Goalie hat sich den «Kultstatus» bei seinem Herzensclub verdient: Was aber macht einen Torhüter zu einem «Kultgoalie»? In Zeiten, in welchen die meisten Eishockeyprofis nicht mehr über Jahrzehnte beim gleichen Club spielen, sind auch andere Aspekte und Parameter mitentscheidend, die über die sportliche Gesamtleistung hinausgehen.
Unvergessen: Die «Goalie-Legenden»
Viele erinnern sich noch an den kleingewachsenen Olivier Anken – eine EHC Biel-Legende. Und wie könnte man den leider vor 13 Jahren verstorbenen Richi Bucher vergessen, der nicht nur beim HC Davos legendäre Partien lieferte, sondern 1988 an den Olympischen Spielen in Calgary der Hauptverantwortliche war für einen der ersten grossen Siege der Schweiz an einem grossen Turnier gegen eine Eishockey-Supermacht: Damals schrieb Richard «Richi» Bucher ein Olympia-Märchen, das fast schon kitschig anmutet. Mit einer Glanzleistung und über 50 Paraden gegen ein überlegenes Finnland führte er die Schweiz zu einem ihrer grössten Siege in den Jahren vor der Jahrhundertwende. Richi Bucher war der «Kultkeeper» schlechthin, denn die HC Davos-Ikone war eben auch dank seiner zugänglichen und humorvollen Art überall beliebt. Weitere «Kultgoalies» wurden Jahre später auch andere wie beispielsweise Reto Pavoni, der 15 Jahre beim EHC Kloten seine Duftmarke hinterliess. Man kann noch viele aufzählen. Zum Beispiel auch Renato Tosio, der beim SC Bern nicht nur sportlich auffiel, sondern auch als Charaktertyp und Fanliebling.
«The last Kultgoalie» der Swiss League?
Die Goalies – und dies in wohl jeder Mannschaftssportart – sind als Einzelkämpfer innerhalb einer Mannschaft seit jeher prädestiniert, um in einen «Kultstatus» erhoben zu werden. Viele haben zudem noch einen «Spleen» oder fallen auf als «besondere Typen». Aber wie steht es heute mit den Schweizer Kultgoalies? Viele sind nicht mehr unterwegs. Einige findet man in der National League. Im Profisport – und somit auch im hiesigen Eishockey – bleibt jedoch nicht mehr so viel Platz für die Nähe zu den Fans und für «Charaktertypen». Speziell in der Swiss League – der zweithöchsten Liga der Schweiz – muss man die Kultgoalies nunmehr mit der Lupe suchen. Die «Stars» der Liga stehen entweder an der Bande (zum Beispiel Heinz Ehlers) oder sind als Sportdirektoren tätig wie allen voran Kevin Schläpfer, aber auch Loic Burkhalter, Chrigel Weber, Sebastien Pico, Marc Grieder und wie sie alle heissen. Andere sind im Club an unterschiedlichen Schaltstellen involviert (z.B. Chris McSorley oder Olivier Schäublin). Die Swiss League bringt bezüglich Spieler jedoch seit Jahren nicht mehr viele grossen Helden und Charaktertypen mehr hervor. Und dennoch gibt es sie noch immer, die Spieler mit «Kultstatus» und auch ein Goalie ist dabei: Fabio Haller. Ist er vielleicht sogar der «letzte Kultgoalie» der Swiss League? In einer Liga, wo man die jungen Keeper, die eh die National League A im Blickfeld haben, austestet und einfach vom Partnerteam den dritten Goalie auf Leihbasis ins Team integrieren kann, sind solche «Typen» mit einer starken Identifikation für den Club eine Seltenheit geworden.
Intrinsische Motivation und Authentizität
Was machte Fabio Haller aber letztendlich zum Keeper mit «Kultstatus»? «Halli» startete seine Profikarriere 2012 in der damaligen NLB und wurde zum Goalie-Globetrotter (Kloten, Ajoie, Thurgau, Zug, Ambri…) bis er beim EHC Basel sesshaft wurde. In der Folge war er mittendrin, statt nur dabei, als der EHC Basel vor drei Jahren das Eishockeyfieber in der Region zumindest leicht wieder angefacht hatte. Zunächst mit dem emotional gefeierten Aufstieg in die Swiss League und dem MSL Meistertitel. Danach kam die Etablierung in dieser Profiliga und schliesslich diese Saison der Sprung auf Platz Zwei. Und nun folgte noch die Qualifikation für den Cupfinal. Fabio Haller, der «Kultgoalie», hexte als der designierte «Cup-Goalie» (spielte alle Cup-Partien) den EHC Basel in den Final und feiert just am Finaltag seinen 32. Geburtstag. Die Fans würden es ihm gönnen, wenn er diese kitschige Story mit dem Cupsieg krönen würde (der Redaktionsschluss war vor dem Cupfinal-Spiel).
Und bei eben diesen Fans hat sich Fabio Haller seinen «Kultstatus» mehr als verdient. Und dies, obwohl er nicht aus der Region stammt. Aber Haller zeigte vom ersten Augenblick an, als er 2019 erstmals das EHC Basel Trikot überstreifte, wie er sich mit dem Club identifiziert. Die Nähe zu den Fans entwickelte sich automatisch: Er war der Aufstiegs- und Meistergoalie 2021 / 22 und der eigentliche MVP der Playoffs. Dies werden ihm die EHC Basel-Fans nie vergessen. Seine Spielweise ist athletisch und ähnelt nicht jener eines so genannten «Konzeptgoalies». Sein Einsatzwille und seine Identifikation sind spür- und erlebbar. Die Fans honorieren dies und Fabio Haller zahlt es mit seiner Verfügbarkeit und «intrinsischen Kundennähe» zurück. «Es fällt mir nicht schwer und ich erachte diese Verfügbarkeit für die Fans und alles, was um den Club passiert, nicht als Pflichterfüllung. Es macht doch Spass und ist spannend, sich mit jenen zu unterhalten, die den EHC Basel auf dem Herzen tragen», sagt Fabio Haller: «Natürlich hilft es, dass ich mich prinzipiell für mein Umfeld interessiere und mich schnell auch mit diesem identifiziere. Es muss einfach von Innen kommen.» So etwas nennt man gemeinhin Authentizität.
Und das merkt man jede Sekunde. Besonders bei den jungen Zuschauern, die einen feinen Sensor besitzen für intrinsisches Interesse und Authentizität, ist er die klare Nummer Eins. So auch bei den Sponsoren und den Medien mit seiner eloquenten Ausdrucksweise und seinem Einsatz für das gute Erscheinungsbild seines Arbeitgebers. Zudem engagiert er sich für diverse Kundenbindungsaktionen des Clubs und coacht Nachwuchsgoalies und Junioren. Fabio Haller ist beim EHC Basel beliebt, kein Zweifel. Da stört nicht einmal seine «Züri-Schnuure» – was in Basel einiges heissen mag. Das alles macht ihn zum unbestrittenen «Kultgoalie».
Der Ausdruck «Kultspieler» wird schnell mal inflationär gebraucht. Aber an den zuvor erwähnten Parametern lässt sich erkennen, wie gut integriert ein Sportprofi in der Club-Community ist und schlussendlich das Zeug dazu hat, «Kultstatus» zu erlangen.
JoW
Playoff Zeit: Ready to rumble!
Am 13. Februar 2024 starten die Playoffs. Und der EHC Basel geht als einer der Topfavoriten in die entscheidende Phase der Saison. Auch wenn die Basler dieses Jahr noch nicht aufsteigen dürfen (Aufstiegsgesuch wird erst 2024/25 eingereicht), so werden sie den Swiss League-Titel dennoch anstreben. Zum Zeitpunkt des Redaktionsschlusses stand der Gegner der ersten Playoffrunde noch nicht fest. Aber fast alle Fachleute erwarten, dass Basel sich wohl in der Finalserie gegen den HC La-Chaux-de-Fonds duellieren wird. Interessant und auch etwas brisant könnte es werden, sollte Basel als «Partycrasher» und Spielverderber auf die einzigen aufstiegsambitionierten Swiss League Clubs treffen. Dies wären dann der EHC Olten und der EHC Visp – diese haben als einzige beim Einreichen der Gesuche die Lizenz erhalten. Beim EHC Visp war jedoch bei Redaktionsschluss noch nicht klar, ob die Oberwalliser die Playoffs erreicht haben oder nicht.