Dem Übernatürlichen auf der Spur

    Diesen Herbst und Winter widmet das Kunstmuseum Basel den unergründlichen Wesen eine umfangreiche Sonderausstellung. Mit über 160 Werken und Objekten aus den letzten 250 Jahren erkundet «Geister. Dem Übernatürlichen auf der Spur» die reiche visuelle Kultur, die sich im 19. Jahrhundert in der westlichen Welt rund um das Thema Geister entwickelte – vorangetrieben von einer Verschmelzung von Wissenschaft, Spiritualismus und populären Medien, die seither immer wieder Künstlerinnen und Künstler inspiriert hat. Die Ausstellung im Neubau des Kunstmuseums Basel dauert bis am 8. März 2026.

    (Bild: Wadsworth Atheneum Museum of Art, Hartford, CT. Bequest of Clara Hinton Gould) Zu sehen in Basel: Saul and the Witch of Endor, Benjamin West, 1777, Öl auf Leinwand, 50,5 x 65,1 cm.

    Geister spuken immer schon, und überall. Auch wenn viele Menschen von persönlichen Erlebnissen berichten könnten, begegnen Geister uns inzwischen hauptsächlich in Büchern, Filmen, im Theater oder als Halloweenkostüm. Die längste Zeit war ihre Existenz selbstverständlich, bevor Religion und der Glaube an die Vernunft sie ins Reich der Einbildung verweisen wollten. Im 19. Jahrhundert vermischten sich in Europa und Nordamerika Sinnsuche und neuer wissenschaftlicher Eifer bei dem Versuch, Geistern auf die Spur zu kommen, mit ihnen zu kommunizieren, sie zu beweisen. Kunst und Kultur haben in den letzten 250 Jahren immer neue, sich wandelnde Bilder von Geistern hervorgebracht, die von der verstörenden Macht und dem poetischen Potenzial dieser Erscheinungen leben.

    Was haben uns Geister zu sagen? Sie konfrontieren uns mit dem, was uns individuell oder gesellschaftlich umtreibt und sich nicht vergessen lässt, was unserer Kontrolle entzogen ist und den Verstand übersteigt. Zugleich reflektieren sie das Seelenleben einer von Zweifeln geplagten, von Veränderungen aufgewühlten und dabei ungeheuer kreativen Epoche.

    (Bild: Claudia Casarino) Acht Kleider aus Tüll, Grösse variabel, Claudia Casarino, Desvestidos, 2005

    Boten einer unfassbaren Welt
    Mit der Zeit sind die Vorstellungen davon, wie Geister aussehen, zum Allgemeingut geworden. Schon Kindern ist klar, dass es nur ein weisses Bettlaken braucht, um Schreckgespenster heraufzubeschwören. Illusionstechniken wie «Pepper’s Ghost» spielten schon vor mehr als 150 Jahren damit, dass wir angesichts des Erscheinens und Verschwindens einer transparenten Figur unseren Augen nicht trauen. Selbst rein atmosphärische Elemente wie flackerndes Licht, im Dunkeln aufwallender Nebel oder Rauch, Kälte oder ein Windhauch sind Hinweise genug auf die Geistersphäre; sie liefern sogar Anhaltspunkte, wo im weiten emotionalen Spektrum zwischen Humor und Horror sich ein Phantom bewegt. Selbst die niedlichsten kleinen Gespenster sind letztlich Boten einer unfassbaren Welt, die sich auftut, wo Rationalität, Wissenschaft und Technik an ihre Grenzen gelangen: Was wir verdrängen, kehrt zurück – oft in anderer Gestalt; wir haben lebendige Beziehungen zu Menschen, die längst verstorben sind; vor allem aber erinnern uns Geister an unsere eigene Vergänglichkeit und daran, dass im Dunkeln liegt, was nach dem Tod kommt. Viele berühmte Geisterbeschreibungen haben ihren Weg aus der Literatur in die Welt der Bilder gefunden. Und dank der ausgeprägten Vorliebe für das Unheimliche im 19. Jahrhundert, wie in der «schwarzen» Romantik und in viktorianischen Schauergeschichten, gab es für die Kunst immer neue Anregungen, auch wenn Geister insgesamt ein Nischenthema blieben.Die Ungewissheit, ob Geister der objektiven Realität angehören, ob sie Sinnestäuschungen oder Halluzinationen sind, bot die Gelegenheit, mit künstlerischen Ausdrucksmitteln zu experimentieren. Zudem erschöpfte sich der Reiz nicht in der Darstellung der körperlosen Phantome selbst.

    Betrügerische Machen­schaften entlarven
    Im 19. Jahrhundert überschlugen sich in Europa und den USA gesellschaftliche Veränderungen und technischer Fortschritt. Der immer stärker wissenschaftlich geprägte Zugang zur Welt schloss nicht aus, dass sich gleichzeitig die Überzeugung von der Existenz einer geistigen Sphäre jenseits der materiellen Wirklichkeit verbreitete. In spiritistischen Zusammenkünften verbanden sich mystische Praktik und Unterhaltung mit forschendem Interesse bis hin zu methodischen Beobachtungen und Experimenten. Medien spielten eine zentrale Rolle – technische und menschliche. Bei der damals noch neuen Fotografie stand die Frage im Raum, ob sie Phänomene jenseits des für das Auge Sichtbaren abbilden kann. Bis in die 1930er-Jahre hinein bedienten Geisterfotografien die Hoffnung auf ein Leben nach dem Tod in einer von Krankheiten und Kriegen zerrütteten Zeit. Menschliche Medien wiederum sollten den Kontakt zur Geisterwelt herstellen; in Séancen kam es zu unerklärlichen Vorkommnissen. Glaubenwollen und Glaubenmachen waren oft eng miteinander verbunden – doch auch damals schon gab es das starke Bedürfnis, betrügerische Machenschaften zu entlarven.

    pd/CR

    www.kunstmuseumbasel.ch


    Veranstaltungen

    Filmvorführung «Personal Shopper» in Kooperation mit dem Stadtkino Basel
    Maureen, Medium und «Personal Shopper», sucht in ihrem Pariser Elternhaus nach dem Geist ihres kürzlich verstorbenen Zwillingsbruders. Eine moderne Geistergeschichte zwischen Fashion-Glam und Geisterjagd. Anlässlich der Ausstellung «Geister». Sprache: E/F/OV/d/f. Kosten: CHF 18, Ermässigung an der Stadtkinobar mit Museumsticket. Tickets via stadtkinobasel.ch. 1.November, von 18.30–20.15 Uhr im Stadkino Basel.

    Workshop: Mitmach-Mittwoch: Geister!
    Der November im Mitmach-Mittwoch wird erfüllt von Spuk, Schauer, Magie, Schutz, verlorenen Seelen, Paranormalem und Bettlaken. Jeden Mittwoch, von 17 bis 20 Uhr. Alter ab 14 Jahren. Kostenlose Teilnahme, ohne Anmeldung.

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