Das grosse Zittern …

    Wird der FC Basel erstmals seit 20 Jahren nicht mehr an einem internationalen Wettbewerb teilnehmen?

    Dem FC Basel stehen eminent wichtige Wochen bevor: Der Start in die Super League Saison muss glücken und ein sportlicher  «Kollateralschaden» in Form einer Nicht-Teilnahme an einem Europäischen Clubwettbewerb verhindert werden.

    (Bilder: JoW) Nach einem Jahr ohne Titel und dem Kaderumbruch stehen dem FCB nun einige sportlich wegweisende Wochen bevor.

    Nach der Fussball-WM haben viele – und nicht nur Fussballinteressierte – in der Region einen weiteren Grund zum Mitfiebern. Am 24. Juli und am 1. August gilt es nämlich für den FC Basel ernst: Der FCB startet die «Mission Champions League». Die Partien gegen PAOK Saloniki sind die vielleicht wichtigsten Spiele für einen FCB im Umbruch seit vielen Jahren. Denn es geht um nichts Geringeres als zu verhindern, dass man erstmals seit 20 Jahren nicht mehr an einem internationalen Clubwettbewerb vertreten ist. Es hoffen aber nicht nur der Club und seine Fans.

    Hoteliers, Detailhändler, und alle in der Region Basel, die von der Wertschöpfung des FCB profitieren, und vor allem auch bei Basel Tourismus und beim Standortmarketing hoffen auf eine Teilnahme des FC Basel an einem der beiden internationalen Wettbewerbe. Es geht hierbei um die ganze Wertschöpfungskette, die mit den internationalen Spielen zusammen hängt.

    Super League Clubs als grosse Verlierer der Champions League-Reform
    Es war der vielleicht denkbar schlechteste Zeitpunkt für den FC Basel, erstmals seit sieben Jahren nicht mehr Meister zu werden. Denn aufgrund des UEFA Koeffizienten der letzten fünf Jahre ist man nun erstmals seit einigen Jahren als Schweizer Super League Team weder als Champion, noch natürlich als Vizemeister direkt für die Champions League qualifiziert. Und: Die Hürden über die Qualifikation sind noch höher als je zuvor. Dies hat mit der viel kritisierten Champions League-Reform zu tun. Die Neuerungen sehen für den Zeitraum von 2018 bis 2021 jeweils vier fixe Startplätze für die Klubs aus den grossen Ligen in Spanien, England, Deutschland und Italien sowie eine Umverteilung der TV-Einnahmen zugunsten der prominenteren Vereine vor. Das sei «Kapitalismus pur», sagten einige prominente Kritiker. Es könne nicht angehen, dass vier Verbände mit 16 Klubs 50 Prozent aller Teilnehmer und 51 Verbände mit über 700 Klubs die restlichen 16 Stellen. Alle Meister sollen zumindest wieder eine faire Möglichkeit haben, sich für die Champions League zu qualifizieren. Durch die vielen Fixstartplätze für die grossen Klubs würde aber dieser Grundwert des Fussballs ad absurdum geführt. Die Folgen der Reform könnten sich als wettbewerbsfeindlich heraus stellen. Die wirtschaftliche und sportliche Schere zwischen den 15 grossen Klubs und den restlichen, die jetzt schon weit offen ist, wird noch viel weiter aufgehen.

    Um beim wirtschaftlichen Faktor zu bleiben: Der Verkaufsprozess der TV-Rechte wurde schon längst intensiviert und ist etabliert. Es wurden also Fakten geschaffen, die man kaum mehr zurück nehmen könne. Man wolle sich aber – so sagte Georg Prangl, der Geschäftsführer der Vereinigung der europäischen Profiligen EPFL – nach den vehementen Kritiken in den Verhandlungen mit der UEFA auf den Zeitraum 2021 bis 2024 konzentrieren und nachhaltigere Rahmenbedingungen schaffen.

    Wie «hungrig» nach Titeln ist der FC Basel «Ausgabe 2018/19»? Die Fans jedenfalls sind es.

    Die zwei «wichtigsten Spiele» seit Jahren
    So stellt sich für den FCB demnach die neue Situation folgendermassen: Während Meister YB nur die Playoffs, also die letzte Runde der Champions-League-Qualifikation bestreiten muss und im Falle eines Misserfolgs  immerhin in der Gruppenphase der Europa League stünde, startet der FCB bereits frühzeitig, also in der zweiten Runde der Qualifikation zur Königsklasse. Wenn der FC Basel also die Hürde PAOK Saloniki am 1. August meistert, hat er die Teilnahme an einer Gruppenphase in einem der beiden Europäischen Wettbewerbe bereits auf sicher. Nur wenn der FC Basel schon in der zweiten Qualifikationsrunde zur Champions League scheitert und dann auch noch in der dritten Qualifikationsrunde zur Europa League (gegen einen womöglich starken Gegner) nicht erfolgreich ist, spielt er 2018/19 nicht international. Kein Wunder, sind die beiden anstehenden Partien gegen PAOK Saloniki von immenser Bedeutung und ein Weiterkommen liesse viele in und um den Club aufatmen. Ausserdem: Nimmt der FCB zwei weitere Qualifikationshürden, winkt in der reformierten Champions League nebst den hohen Start- und Punkteprämien zudem noch ein nochmaliger Sonderbonus von über zehn Millionen Franken.

    «Die Marke Basel in die Welt hinaus tragen»
    Eine Nicht-Teilnahme an einem der beiden Europäischen Clubwettbewerbe wäre nicht nur für die Fussballfans in der Region schlimm und ungewohnt. Auch für die Wertschöpfung vieler Hoteliers, Detailhändler und Betriebe sowie auch für  Basel Tourismus und für das Standortmarketing (Image der Stadt, Bekanntheitsgrad und so weiter) wäre eine Teilnahme an einem Europäischen Wettbewerb wichtig. Sabine Horvath, Leiterin Aussenbeziehungen und Standortmarketing und Christoph Bosshardt, Head of Marketing & Incoming Services von Basel Tourismus sagten schon anlässlich eines früheren Interviews an dieser Stelle, dass der FCB sich mit den Erfolgen in der Champions und Europa League in den letzten zehn Jahren international kontinuierlich einen Namen gemacht und dadurch auch der Stadt Basel zu einer grösseren Bekanntheit verholfen. «Insbesondere die mediale Aufmerksamkeit, welche Champions League weltweit erfährt, hat den Namen, beziehungsweise die Marke Basel in die Welt hinaus getragen», führte Christoph Bosshardt aus.

    Höchste Wertschöpfung bei Gegnern mit grossem Fanpotenzial
    Besonders spannend würde es jedoch für die Wertschöpfung in Basel insgesamt, wenn prominente Gegner mit grosser Fanschar nach Basel anreisen und dies zudem weltweit viel Aufmerksamkeit erzeuge. Denn in Bezug auf die Wertschöpfung insgesamt, worin auch die Logiernächte, die Umsätze bei den Detailhändlern der unmittelbaren Region und die Publicity für die Stadt und Region im Allgemeinen einbezogen werden, hänge eben vieles von der Strahlkraft und der Popularität der gegnerischen Mannschaften ab, sagen Horvath und Bosshardt. «Englische Teams mit ihrem grossen Anhang und der guten Erreichbarkeit generieren zusätzlich ungefähr 2000 und mehr Logiernächte in Basel, einerlei, ob es sich um Champions League-  oder Europa League Spiele handelt», betonte Christoph Bossardt.

    JoW


    «Neuer Hunger» nach Titeln

    Der Aderlass von Leistungsträgern beim FC Basel ging auch während den Fussball Weltmeisterschaften 2018 im Sommer weiter: Michi Lang, Mohamed Elyounoussi Tomas Vaclik und Alexander Fransson sind nun auch weg und es müssen neue potentielle Leistungsträger in die Bresche springen. Mit Martin Hansen und Jonas Omlin (beide Goalies) und Nationalspieler Silvan Widmer (als «Ersatz» für Lang) und wohl auch der Mittelfeldspieler Aldo Kalulu und Verteidiger Konstantinos Dimitriou (pikanterweise kommt er von PAOK Saloniki) gelangen indes einige  Schlüsseltransfers. Ob Rückkehrer Zdravko Kuzmanovic bereit ist, eine von ihm erwartete Führungsrolle in spielerischer wie auch menschlicher Sicht einzunehmen, wird sich erst noch zeigen. Bereits am 21. Juli startete die Super League Saison. Die nun vor allem im offensiven Mittelfeld und im Sturm stark verjüngte Mannschaft wird also mit neuem «Hunger» nach Titeln in die Saison steigen. Und sie hat eine Mission zu erfüllen: Den FCB ins internationalen Geschäft zu bringen. «Vielleicht hat es gut getan, zu merken, dass es nicht selbstverständlich ist, den Titel zu gewinnen», sagte FCB-Sportchef Marco Streller in einigen Interviews und Pressekonferenzen.


    Neue Anstosszeiten

    Weil das Format der beiden Europacup-Wettbewerbe auf die kommende Saison hin modifiziert wurde, ergeben sich einige Änderungen, nicht nur was die Qualifikation und die Aufstockung der Prämien betrifft: Die Zuschauer müssen sich auch umgewöhnen. Die Anstosszeit der Champions-League-Spiele ist nicht mehr einheitlich um 20.45 Uhr, sondern entweder um 18.55 Uhr oder 21.00 Uhr MEZ.

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